Kunstrasen in Schweizer Präzisionsarbeit
Zufrieden mit der Verlegung des Kunstrasens in Reitern zeigen sich (v.r.) Unternehmer Albert Beerli von der Firma XL Turf, SV-Vorsitzender Josef Leizinger, Vize-Bürgermeister Alois Wenninger und SV-Vorstandsmitglied Thomas Maier. −Fotos: Bernhard Brunner
Die freudigen Anlässe nehmen kein Ende beim SV Garham. So sind die Fußballer der ersten Mannschaft in die Bezirksliga aufgestiegen und dort bereits gut in die neue Saison gestartet. Dazu kam das Jubiläum 50 Jahre Vorwaldfest auf dem neuen Festplatz. Und nun geht der sehnliche Wunsch nach einem Kunstrasenplatz in Reitern in Erfüllung – mit umweltfreundlichem Belag. „Wir machen uns schon Gedanken in Richtung Nachhaltigkeit“, unterstreicht der SV-Vorsitzende und Marktrat Josef Leizinger.
Begeistert beobachten 2. Bürgermeister Alois Wenninger – er vertrat Rathauschef Josef Kufner – sowie Josef Leizinger, dessen SV-Vorstandskollege Thomas Maier und Marktratsmitglied Walter Doppelhammer, wie der Kunstrasen auf der vorbereiteten Fläche mit einer Dimension von über 6000 Quadratmetern „wächst“ – mit Schweizer Präzision.
Ein besonders wachsames Auge wirft ein Mann in kurzer Jeans, T-Shirt auf die Szenerie: Albert Beerli, wie der Name schon vermuten lässt, ein waschechter Eidgenosse, dem man – auch dank seiner ungebrochenen Sportleidenschaft, die ihn nach eigenen Worten immer noch Fußball spielen lässt – sein Alter von 82 Jahren kaum glauben will.
Vor etwa 20 Jahren begann der findige Unternehmer über das Thema Kunstrasenplatz zu tüfteln. Über mehrere Winter hindurch testete er die Funktionalität verschiedener Materialien für Kunstrasenplätze und fand schließlich die Lösung: Polyethylen-Thermoplast. „Das ist voll recycelfähig und als Rohstoff wiederverwendbar, wenn auch nicht mehr für Sportplätze“, bekundet Beerli. Zusammen mit seinem Sohn hat er dann den innovativen Belag entwickelt. Mit dem international renommierten Hersteller Condor Grass in den Niederlanden fand Beerli einen Produktionspartner. Seitdem realisiert er jährlich zwischen April und Anfang Oktober Plätze in ganz Europa. Auch darüber hinaus ist XL Turf ein Begriff in der Fach- und Sportwelt.
25 Jahre Haltbarkeit
Der Schweizer ist überzeugt, dass er auf absehbare Zeit keinen Mangel an Aufträgen erleiden wird, denn seine Prognose lautet: „6000 Gummiplätze in Deutschland werden von Amts wegen bis Ende dieses Jahrzehnts ersetzt werden müssen.“ Der Grund für diese staatlich verordnete Renovierungsflut ist das Ausschwemmen des Granulats, mit dem die allermeisten Kunstrasenplätze bislang verfüllt sind. Dieses Mikroplastik gelangt über Bäche und Flüsse letztlich in die Weltmeere.
Als weitere Vorteile seines Produkts nennt Albert Beerli neben der bereits erwähnten Recycelbarkeit des Kunstrasenbelags eine längere Lebensdauer als bei bisherigen Varianten und die garantierte Rücknahme, wenn die Flächen verschlissen sind. Der Chemie- und Kunststoff-Ingenieur betont gegenüber den Verantwortlichen des SV Garham, dass die Auflage in Reitern 25 Jahre mindestens halten sollte.
Hinzukommt als Plus, dass sich besonders stark strapazierte Bereiche – beispielsweise der Anstoßkreis oder der Fünf-Meter-Torraum – bei Bedarf herausschneiden und ersetzen lassen. Der bisher älteste von Beerli in Deutschland geschaffene Kunstrasenplatz befinde sich im Spessart, sei Baujahr 2006 und bereite bislang noch keinerlei Probleme, sagt er.
Da er selbst Fußballer ist, ist Beerli bei der von ihm umgesetzten Bauweise wichtig zu erwähnen: die luftgefederte Dämpfungsplatte mit elastischer Verformung unter dem Kunstrasen.
Um den Platz vor unbefugter Nutzung oder gar Missbrauch zu nutzen, wird er eingezäunt und abgesperrt, wie die Verantwortlichen des SV Garham versichern, die sehr wohl wissen, was sie an der neuen Errungenschaft haben. „Für einen Verein ist eine solche Baumaßnahme schon eine Herausforderung“, sagt Josef Leizinger. Bereits vor zehn Jahren habe sich der SV dazu entschlossen, Kunstrasen auf dem bisherigen Sandplatz verlegen zu lassen, um eine optimale Bespielbarkeit bei einfacher Pflege zu erreichen.
Bereits zu diesem Zeitpunkt habe es Diskussionen gegeben über mit Granulat, unter anderem aus geschredderten Altreifen, verfüllte Kunstrasenplätze – mit der klaren Absichtsbekundung im Verein: „So etwas wollen wir nicht.“
Mit Beerli hat sich die SV-Vorstandschaft in Burghausen getroffen, wo von ihm 2019 zwei Plätze gebaut wurden. „Wir sind davon überzeugt gewesen“, erinnert sich Leizinger. Freilich sei die Ausführung von XL Turf etwas teurer, aber zweifellos die nachhaltigere Variante.
Kunstrasen „ohne ökologische Folgen“
Diese Ansicht teilt auch Vize-Bürgermeister Alois Wenninger: „Wichtig ist, dass man die neueste Technik verbaut.“ Aus Sicht der Marktgemeinde sei auch die Regenrückhaltung durch die 350 Kubikmeter fassende Zisterne von Bedeutung gewesen, um den großen Bedarf zur Bewässerung des mehrere tausend Quadratmeter großen Hauptrasenplatzes nicht aus Trinkwasser decken zu müssen, ebenso der Schutz des vorhandenen Biotops in unmittelbarer Nähe.
Besonders erfreut zeigt sich Wenninger darüber, dass der Kunstrasenplatz „ohne ökologische Folgen“ bleiben und wenig Folgeaufwand verursachen werde. Auch dank der bereits 2009 auf dem neuen Vereinsheim installierten Photovoltaikanlage und der Solaranlage für die Brauchwasser-Erwärmung sei der SV Garham nun gleichsam ein „Selbstversorger“.
Angedacht ist nach den Worten des Vorsitzenden Josef Leizinger darüber hinaus ein Fernwärme-Anschluss an ein benachbartes Unternehmen. Bereits fix ist für das Jahr 2024 die Aufstellung von Ladesäulen zur Stärkung der E-Mobilität im Zuge der Instandsetzung der Parkplätze entlang der Ortsdurchfahrt von Reitern, zugleich vielbefahrener Autobahnzubringer zur A3. „Wir sind auch hier Vorreiter“, merkt Leizinger an.
Finanziert wird der neue Fußballplatz von der Marktgemeinde im Rahmen der Zuschussregeln, vom Landessportverband und vom Verein selbst. Einen entscheidenden Beitrag dazu liefert das mehrtägige Vorwaldfest, das der SV jährlich ausrichtet und in diesem Jahr von rund 5000 Gästen besucht worden ist. „Auch das läuft alles in Eigenleistung“, sagt der Vorsitzende.
Nicht zuletzt kam beim Projekt Kunstrasenplatz auch noch Losglück hinzu. Bei einem Preisausschreiben des Stromversorgers Bayernwerk gewann Bürgerin Martina Kutz eine LED-Flutlichtanlage im Wert von mehreren tausend Euro für den Verein.
Ein Nebeneffekt, wodurch das Projekt sich etwas verzögert hat, war das angestoßene Wasserrechtsverfahren für die Ortschaft Reitern. Dieser Verwaltungsakt wäre jedoch ohnehin bald notwendig gewesen, sagt Wenninger. Auch dafür habe es staatliche Fördermittel gegeben, fügt er hinzu. „Ende September, Anfang Oktober“ soll das erste Spiel auf dem neuen Kunstrasen stattfinden, freut sich Josef Leizinger.
Entwickler Albert Beerli zeigt die weiß eingefärbten Linien aus Kunstfasern für das Spielfeld.
Quelle: pnp.de --- Bernhard Brunner
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